Eleonore Prochaska: Unterschied zwischen den Versionen

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File:220px-Gedenktafel_Lindenstr_34_(Potsdam)_Maria_Christana_Eleonore_Prochaska.jpg|Gedenktafel - [https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gedenktafel_Lindenstr_34_(Potsdam)_Maria_Christana_Eleonore_Prochaska.jpg Wikipedia]
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File:Eleonore Prochaska Verwundung am 14.9.1813.jpg|Eleonore Prochaska Verwundung am 14.9.1813
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File:Soldaten der Befreiungskriege Landwehrmann zu Fuß.jpg|Soldaten der Befreiungskriege: Landwehrmann zu Fuß, Landwehroffizier (Reiterei), Lützower Husar - v. l. n. r.
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Aktuelle Version vom 17. April 2019, 17:26 Uhr

Eleonore Prochaska

“ Herr Lieutenant, ich bin ein Mädchen ! “

Der Angriff stockt. Da sieht einer der Lützowschen Jäger einen gefallenen französischen Tambour im Heidekraut liegen. Schnell ergreift er dessen Trommel. Mit Geschick wirbelt er den Sturmmarsch. Die Jäger sehen auf, formieren sich erneut zum Angriff. Da schlägt eine Kartätschenladung in die dichtgeschlossenen Reihen der Angreifer. Aber der tapferer Tambour schreitet weiter voran und schlägt “ Sturm “ auf seiner Trommel. Ein zweiter Schuß wirft seinen Kartätschenhagel unter die Lützower. Verwundet stürzt der Trommelschläger. Krampfhaft hält er sich am Überrock der Uniform seines Leutnants fest und ruft mit schmerzerfüllter Stimme:

“ Herr Lieutenant, ich bin ein Mädchen ! “

Wer war dieses Mädchen, das so tapfer und aufopferungsvoll im Lützowschen Freikorps seinen Dienst tat? Der Name dieser jungen Frau aus Potsdam war Eleonore Prochaska. Aus Liebe zur H E I M A T hatte sie Hab und Gut verkauft, mit dem Geld Männerkleidung und die Ausrüstung erworben, die ein Lützowscher Jäger brauchte. Als Handwerkersgeselle verkleidet, war sie im Frühjahr 1813 in die Prignitz - ein Landstrich zwischen Elbe und Dosse - marschiert. Zur gleichen Zeit hatten 662 Männer aus Potsdam zu den Waffen gegriffen, um gegen die Fremdherrschaft Napoleons und für ein einiges V A T E R L A N D zu kämpfen. Deshalb eilten sie zu den Lützowern, denn dieses Freikorps lehnte die Vereidigung auf den preußischen König ab. Der E I D der Lützower galt dem G A N Z E N D E U T S C H E N V A T E R L A N D . Und sicherlich war Eleonore Prochaska von der Botschaft über den Abschluss der Konvention von Tauroggen begeistert gewesen. Entgegen dem Willen des preußischen Königs, Friedrich Wilhelms III., hatte der preußische Generalleutnant Johann David Ludwig von Yorck am 30.12.1812 einen Waffenstillstand mit dem russischen Generalmajor Iwan Iwanowitsch Diebitsch - Sabalkanski geschlossen. General Yorck, dessen Truppen eigentlich Napoleons Feldzug in Rußland hatten decken sollen, gab damit das Signal für den nationalen Befreiungskampf des D E U T S C H E N V O L K E S gegen die französische Fremdherrschaft. Nach tagelangem Fußmarsch und vielen Umwegen erreicht Eleonore Prochaska das Elbgebiet und damit das Freikorps unter Major Adolf Freiherr von Lützow. Als sie in die “ wilde, verwegnene Schar “ (siehe an Frei.Wild), wie Theodor Körner sie besang, eintritt, muss sich Eleonore als Jäger A U G U S T R E N Z ausgeben, da Frauen nicht Soldaten werden dürfen. Kämpfe und Märsche lassen die ersten Wochen nur so verfliegen. Endlich kommt es zur ersten größeren Rast - zum Biwak. Zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch zu den Lützowern denkt Eleonore an die ersten Jahre der Kindheit: Der Vater, ein preußischer Unteroffizier, hatte die Mutter mit ihren vier Kindern oft allein lassen müssen. Nach dem frühen Tod der Mutter kamen die freudlosen Jahre im Potsdamer Militärwaisenhaus. Hinter dessen düsteren Mauern starb die jüngere Schwester. Dann endlich ein Lichtblick in Eleonores Leben: Der bekannte Potsdamer Baumeister Heinrich Ludwig Manger nahm das Mädchen als Hausgehilfin auf. Hier lebte sie auf, entwickelte sich zur Persönlichkeit, bildete sich. Besonders eingeprägt haben sich ihr die die Stunden, in denen man Schillers Dramen mit verteilten Rollen las. In diese Zeit fielen aber auch der Einmarsch von Napoleons Truppen in Potsdam und der Beginn der nationalen Unterdrückung. Dann kehrte der Vater zurück - als Invalide. Mit seiner spärlichen Pension und ein paar Musikstunden erhielt er die Familie am Leben. Von ganzem Herzen liebt sie ihren Bruder, der, etwas weltfremd, nur im Reiche der Musik lebt. Wie oft hatte sie zwischen ihm und dem Vater vermitteln müssen. Doch sie hat es V O L L E R H I N G A B E getan. Von diesen Erinnerungen angeregt, greift Eleonore zum Federkiel und schreibt an ihren Bruder, der wie alle in der Familie noch nichts von ihrem Schritt weiß:

“ … Ich bin seit vier Wochen Soldat! Erstaune nicht, aber schelte auch nicht; Du weißt, daß dieser Entschluss dazu schon Anfang des Krieges meine Brust beherrscht … , in diesem E H R E N V O L L E N K R I E G M I T Z U K Ä M P F E N … Ich war im Inneren meiner Seele überzeugt, keine schlechte und leichtsinnige Tat zu begehen … Ich habe aus Vorsicht meinen Namen geändert … Meiner Klugheit kannst Du vertrauen, daß ich unbemerkt bleibe … Lebe recht wohl, guter Bruder! Ehrenvoll oder nie siehst Du mich wieder. Mit ewiger Liebe, Deine Leonore, genannt August Renz beim Lützow ‘schen Freicorps im Detachement erstes Bataillon. “

Wochen und Monaten vergehen in hartem Kampf. Unerschrocken greifen die Lützower die Franzosen an, stürmen nach Norden. Bei einer Rast richtet Eleonore an ihren Bruder wieder einen Brief. Es sollte ihr letzter sein:

“ … Mir ist es noch immer geglückt, ganz unerkannt zu bleiben. Kann ich nicht ein Quartier für mich allein bekommen, so ist gewöhnlich der kleine Arnold von 15 Jahren mein Kameraden. Wegen meiner Stimme necken sie mich; da habe ich mich für einen Schneider ausgegeben, die können auch eine feine Stimme haben … Habe die feste Überzeugung, daß Du, Vater und Karoline mir nicht böse seid, und so gehe ich, durch diesen Gedanken gestärkt, V O L L E R M U T und E N T S C H L O S S E N H E I T I N D E N K A M P F. Komme ich einst glücklich wieder, dann lieber Bruder, wird meine Freude überschwenglich sein; komme ich nicht wieder zurück, dann sage ich Dir in diesem Brief das letzte L E B E W O H L ! Ich kann vor Tränen nichts mehr sagen, als daß ich auch noch im T O D E T R E U und ewig mit Liebe sein werde. Deine Dich ewig liebende Schwester Leonore, gen. August Renz. “

Anfang September 1813 kämpfen die Lützower gemeinsam mit R U S S I S C H E N Truppen. Sie stürmen gegen die Anhöhen am Flüßchen Göhrde im Lüneburgischen, auf denen französische Batterien Stellung bezogen haben. Karl Friedrich Friesen, persönlicher Adjutant Lützows, berichtet über diese Gefechte:

“ Nur einmal erst, am 16 ten September bei Göhrde fand ein Theil der Reuterey, und 500 Mann der Infantrie, denn größer war die Zahl nicht, Gelegenheit, im ersten Angriff die öffentliche Erwartung zu rechtfertigen. Der übrige Theil des Corps war am rechten Elbufer zur Beobachtung der feindlichen Hauptmacht zurückgeblieben, und ward auch hier von Uebermacht gedrängt. “

An diesem 16. September erleidet Eleonore Prochaska, die Lützower mit der Trommel zum Angriff A N F E U E R N D , S C H W E R E V E R W U N D U N G E N . Fast drei Wochen noch bangen die Kameraden um ihr Leben. Am 5. Oktober, 28 Jahre alt, stirbt. In einem vom 7. Oktober 1813 datierten amtlichen Bericht aus Dannenberg heißt es:

“ Heute morgen 9 Uhr wurde die Leiche der in der Schlacht bei der Göhrde verwundeten Eleonore Prochaska zu Erde bestattet, welche als Jäger im Lützow’ schen Freicorps unerkannt ihren Arm aus R E I N E M P A T R I O T I S M U S der H E I L I G E N S A C H E des V A T E R L A N D E S geweiht hatte. “

Kameraden des Lützowschen Freikorps trugen ihren Sarg. Das D E U T S C H - R U S S I S C H E und das Hannoversche Freikorps gaben ihr auf dem Friedhof in Dannenberg ein Ehrengeleit. Ludwig van B E E T H O V E N schuf mit seiner Musik zum Drama “ Eleonore Prochaska “ ein Denkmal zur W Ü R D I G U N G ihres M U T E S und des K A M P F E S A L L E R D E U T S C H E N P A T R I O T E N für die F R E I H E I T I H R E S V A T E R L A N D E S .

Quelle: Sport und Technik 1984, Wolf Gerhardt

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